Seit letzten Freitag laufen in Montesilvano (Abbruzzen/Italien) die Kadettenweltmeisterschaften, so der offizielle Name für die Meisterschaften der jüngeren ambitionierten Spieler (U8 – U12). Die älteren Jahrgänge kämpften kürzlich in Brasilien um Ehre und Ruhm – oder auch nur um eine ehrbare Platzierung. Denn es ist so wie immer: Sieger kann es nur einen geben und auf dem Treppchen haben nur drei Spieler Platz. Weltmeisterlich sind neuerdings in jedem Fall die Sicherheitsvorkehrungen, um Betrugsversuche zu verhindern: Die Kinder müssen wie Carlsen & Co. durch den Metalldetektor und Taschenkontrollen, Handys und Uhren sind im Turniersaal ohnehin verboten, das Böse lauert immer und überall! In den Spielsaal darf nur der Delegationsleiter (der für alle 30 deutschen Teilnehmer zuständig ist). Und einmal aus dem Saal ´raus kommt er nicht wieder hinein, das gilt auch bei Toilettenbesuchen. Übrigens ist die Teilnahme ein durchaus teures Unterfangen: Familie Bundan muss nahezu alle Kosten (Flug, Hotel für 12 Tage, Verpflegung) für Edward und seine Mutter als Begleitperson selber tragen. Dazu gehört viel familiäres Engagement…
Aber nun zum Turnier der U12. Edward muss sich mit 146 Konkurrenten aus aller Herren Länder auseinandersetzen, ambitionierte Kinder und Jugendliche mit großen Zielen gibt es auf der ganzen Welt. Der Startranglistenplatz von Edward ist 65 und sein Vater gab mir gegenüber vor Turnierbeginn eine Platzierung unter den Top 30 als -wirklich ambitioniertes- Optimalziel aus, gibt es doch unter seinen Mitspielern u.a. 6 FM, davon 2 mit Elo >2300. Die erste Runde bescherte Edward einen elolosen Usbeken als Gegner. Das war ein lockerer Aufgalopp, Edward stürmte den theoretisch nicht sattelfest vorgetragenen Drachenaufbau seines Gegenübers lehrbuchmäßig. Als „Strafe“ wartete in Runde 2 ein erheblich stärkerer usbekischer Landsmann. Edward erreichte nach einer bis dahin gut geführten Partie mit den schwarzen Steinen eine sehr vorteilhafte Stellung, spielte jedoch beim Übergang ins Endspiel zu schnell, der Qualitätsgewinn erwies sich als Pyrrhussieg und die gegnerische Bauernmehrheit am Damenflügel setzte sich durch. Schade um die wirklich gut geführte Partie, in der Edward viele Züge machte, die auch der kritische Beobachter und Berichterstatter so gezogen hätte.
In Runde 3 bekam Edward es mit einem Spieler aus Taiwan zu tun. Nach einer etwas ungewöhnlichen Eröffung konnte er schließlich im Endspiel seinen Gegner niederringen, so dass in Runde 4 ein richtig guter Kontrahent wartete, ein an 22 gesetzter Russe. Und diese Partie war richtig ärgerlich! Edward erspielte sich wieder eine deutlich bessere Position, die für ihn bis zu +3 anzeigte. Dann jedoch wickelte er in ein remisiges Endspiel ab, anstatt den Königsangriff fortzusetzen. Der Vorteil war futsch und in der Folge zeigte sein Gegner dann das bessere Endspielverständnis, sodass sich Edward nach über 80 Zügen geschlagen geben musste. Schade!
Nach 4 der insgesamt 11 Runden stehen also zwei Siege und zwei Niederlagen zu Buche, wobei aber deutlich mehr drin war, sodass Vater Bundan seinen Filius am Telefon trösten musste. Wenn Edward sich durch die verpassten Chancen nicht entmutigen lässt sehen wir aber alle Chancen, dass er das anvisierte Ziel einer guten Platzierung erreichen kann. Wir werden berichten. Und wer die Partien der WM verfolgen/nachspielen möchte wird bei Lichess fündig…