Am vergangenen Dienstag (den 28.02.2023) fand das Finale des Osnabrücker Vereinspokals zwischen Klaus Dieter Mann (Weiß) und Johannes Solzbacher (Schwarz) statt. Beide Spieler hatten sich in den vergangenen Wochen gegen alle Widersacher durchgesetzt und standen sich nun in einem Finale, das spannender nicht hätte sein können, gegenüber.
Solzbacher erzählte: „Bereits im ersten Zug hat mein Gegner mich überrascht. Ich hatte einige Online-Partien gefunden und mich auf 1. e4 vorbereitet, doch der Fuchs hat mit c4!, der englischen Eröffnung gestartet!“.
Solzbacher erwiderte mit 1. … f5, der Anglo-Holländischen Verteidigung, die sich nach 2. Nc3 Nf6 3. e3 e6 4. g3 d5 5. cxd5 exd5 6. d4 c6 7. Bg2 Bd6 8. Nge2 O-O in eine mehr oder weniger typisch holländische Verteidigung, ein Stone-Wall-Setup entwickelte.
Zu Beginn des Mittelspiels war es wiederum Johannes Solzbacher, der Angriffsversuche gegen die sehr solide Stellung Klaus Dieter Manns startete. Nach 9. b3 Nbd7 10. Bd2 Ne4 11. O-O Ndf6 12. Be1 Qe8 13. Qc1 Ng4! Standen beide schwarzen Springer bereit ins gegnerische Gebiet einzudringen. Ein weißes 14. f3 (auf den ersten Blick eine Gabel) scheitert an 14. … Nxc3 15. Nxc3 Nxe3 (15. Fxg4 Nxe2-+). Daher entschied sich Mann den Springer mit 14. h3 zu vertreiben. 14. … Ngf6 15. f3 und weiß hat die schwarzen Vorposten zurückgetrieben – jedoch womöglich zum Preis einer etwas skurrilen Bauernstruktur am Königsflügel. Die Partie ging weiter mit: 15. … Nxc3 16. Nxc3 Qg6 17. f4 Bd7 18. Kh2 Rae8 19. Bf2 Kh8 20. a3 Re7 21. Ra2 Qh5 (mit der Idee Ng4) daher 22. Kg1 Rfe8 und weiß bot einen Damentausch an: 23. Qd1. Solzbacher erzählte nach der Partie: „Ich habe in dieser Position lange gegrübelt, vor allem über den Einschlag der Türme auf e3. In der Partie hab ich mir gedacht: ‚Wenn du auf Sieg spielen willst, dann musst du da rein schlagen.‘ Aber letztendlich habe ich mich einfach nicht getraut. Da hat dann womöglich in einer eigentlich besseren Stellung der Mut gefehlt, gegen einen so starken Spieler die Qualität zu geben (auch wenn ich zwei Bauern dafür bekomme). Ich werde daraus lernen und in kommenden Spielen in solchen Situationen mehr Mut zeigen!“
Die Partie ging sacht weiter. Solzbacher nahm den Damentausch an und bot schließlich nach ein paar weiteren Zügen Remis. 23. … Qxd1 24. Nxd1 c5 25. Nc3 Bc6 26. Bf3 h6 27. Kg2 a6 28. Rc1 cxd4 29. exd4 g6 ½ – ½ Und Klaus Dieter Mann nahm das Unentschieden an.
Nun musste der Sieger im ‚Best of 3‘ im Blitz ermittelt werden! In der ersten Blitzpartie spielte Mann wieder Weiß, eröffnete aber diesmal mit e4! Solzbacher spielte die Aljechin-Verteidigung 1. … Nf6 und Mann parierte mit dem wenig konfrontativen Zug 2. Sc3. Die Partie entwickelte sich scharf, Solzbacher rochierte lang und Mann kurz und es entstand ein zweiseitiges Angriffsspiel in dem Mann schließlich mit einem gefesselten Bauern eine Figur schlug und durch den illegalen Zug die Partie verlor. 1 : 0 Solzbacher. In der zweiten Partie spielte Solzbacher weiß und die Spieler landeten in der italienischen Eröffnung. 1. e4 e5 2. Nf3 Nc6 3. Bc4 Bc5 4. c3 Qe7? Schnell übernahm Solzbacher die Oberhand und nahm schwarz jeden Raum und jedes Spiel, bis er schließlich bereit war das Spiel in einem vernichtenden Angriff zu beenden 5. O-O Nf6 6. d4 exd4 7. cxd4 Bb6 8. e5 Ng8 9. d5 Na5 10. d6 Qd8 11. Bxf7+ Kxf7 12. Ng5+ Kf8 13. Qf3+ Nf6 (Die Engine gibt hier bereits brutale +9 für weiß). Doch Mann hatte es nicht umsonst ins Finale geschafft und verteidigte großmeisterlich (auch wenn die genauen Züge leider nicht mehr rekonstruierbar sind). Schließlich war es Solzbacher der unter dem Zeitdruck einknickte und am Ende zu wenig Material hatte um das Spiel zu entscheiden. 1:1 – das letzte Spiel sollte die Entscheidung bringen. Mann hatte wieder die weißen Steine und eröffnete abermals mit e4. Wieder antwortete Solzbacher mit 1. … Nf6 und wieder strebte Mann einen ähnlichen Aufbau an. Doch das Mittelspiel lief diesmal deutlich besser für Mann. Erdrückend nahmen seine Figuren Solzbachers König den Raum und schließlich besiegelte eine Bauerngabel scheinbar das Ende der Partie – Solzbacher lag eine Figur zurück. Doch nie soll man eine Partie aufgeben, wenn noch ein Springer im Spiel ist! Der Vereinsneuzugang kämpfte weiter und tatsächlich! – wenige Züge später stellte Mann seinerseits eine Gabel ein und Solzbacher gewannt die Figur zurück. Nach einem knappen Bauernwettlauf endete so schließlich auch die dritte Blitzpartie unentschieden und einem Finale angemessen ging die Auseinandersetzung in fünfte Runde. Nun sollte derjenige zum Pokalsieger erklärt werden der das nächste Mal eine Partie gewinnen würde. Solzbacher eröffnete wiederum mit 1. e4, Mann jedoch der sich nicht erneute auf einen italienischen Angriff einlassen wollte, zeigte sein Repertoire und wechselte zu 1. … c5!, der sizilianischen Verteidigung! Solzbacher packte für die Blitzpartie eine Waffe aus, mit der er schon vorher im Pokal viele Gegner bezwungen hatte. Das Flügelgambit 2. b4!, Mann nahm das Gambit nicht an und gelangte mit 2. … e6 3. bxc5 Bxc5 4. d4 Bb6 5. c3 in eine Variante, in der weiß das Zentrum beherrschte und dafür nicht einmal einen Bauern aufgeben musste. Die Partie glich einer Belagerung bis es Solzbacher im Mittelspiel schließlich gelang eine Qualität zu erspielen. Doch Mann zeigte sich abermals als einer der besten Verteidiger des Vereins. Sein aktives Figurenspiel erlaubte es ihm Kompensation zu entwickeln und bald schon musste Solzbacher die Qualität zurückgeben. Ein spannenden Endspiel entstand, in dem schließlich zwei verbundene weiße Freibauern den schwarzen Turm übertrumpften – obschon schwarz zuvor ebenso Gewinnzüge gehabt hatte. Schließlich gewann nach einem langen und spektakulären Kampf Solzbacher das Finale. Glückwunsch an beide Spieler, die sich hier nicht geschenkt haben.
Johannes Solzbacher