Bei unserer weitesten Fahrt der Saison nach Aschendorf herrschte im Auto gute Stimmung. Während wir den Super-GMs in Wijk aan Zee im livestream zusahen, bekamen wir einmal mehr aufgezeigt, wie wenig wir eigentlich über dieses Spiel, das wir alle lieben, wissen.
Zudem wussten wir, dass wir uns – obwohl wir auf unsere an Nummer 2, 3 und 4 gesetzten Spieler und zusätzlich auf Joker Edward verzichten mussten – mal wieder auf unsere starke „Ersatzbank“ verlassen konnten.
Als wir pünktlich am Spielort erschienen, waren wir nicht überrascht, dass unsere Gegner in Bestbesetzung auftraten.
Und so verliefen die Partien:
Johann machte das Spiel an Brett 1 mal wieder direkt von Anfang an interessant, indem er in der Fantasy-Variante die Caro-Kann-Verteidigung zu durchbrechen versuchte. Um möglichst schnell und aktiv den gegnerischen König in Bedrängnis zu bringen, entschied er sich, die eigene Königssicherheit hinten an zu stellen, was sich im Laufe des Spiels leider rächte, so dass er gezwungen war, den Punkt seinem Gegner zu überlassen.
Bei Andreas an Brett 2 sah es deutlich besser aus, hatte er sich doch in einem ruhigen Sizilianer eine solide, etwas bessere Stellung erspielt. Umso schockierender war der Moment, als er mit seiner Dame einen vergifteten Bauern schlug, der seinem Gegner eine Taktik erlaubte, die eine Grundreihenschwäche in Andreas‘ Stellung ausnutzte. Zwar hatte dieser nicht versäumt, seinem König ein Luftloch zu schaffen, im Eifer des Gefechts jedoch übersehen, dass dieses Luftloch von seinem Gegner kontrolliert wurde und der König sich dort dementsprechend nicht in Sicherheit bringen konnte.
An Brett 3 hatte ich es mit einer russischen Verteidigung zu tun. Aus der zunächst sehr symmetrischen Eröffnungsphase kam ich gut, stand minimal aktiver und konnte so den Startvorteil von Weiß halten und nun war es an mir, einen Plan zu entwickeln. Nach einer für mich typischen, unnötig langen Denkphase und dem Berechnen ebenfalls komplett unsinniger Zugabfolgen, entschied ich mich für einen mangelhaften Plan, der meinem Gegner erlaubte, die Initiative zu übernehmen. Nachdem ich längere Zeit solide verteidigte und einige gute und richtige Entscheidungen traf, schätzte ich eine Drohung meines Gegners falsch ein und geriet so mächtig unter Druck. Kurze Zeit später war die Partie dann auch vorbei. Ich hätte sie zwar noch in die Länge ziehen können, aber die Stellung war derart verloren, dass es vielleicht das Beste war, dass ich zum krönenden Abschluss auch noch eine Mattdrohung übersah, die mein Gegner natürlich sofort nutzte.
An Brett 4 spielte Max, der erst vor Kurzem bei einem großen Turnier in Bremen richtig abräumte und über 200 DWZ-Punkte dazugewann. Er entschied sich, dem gegnerischen London-System mit der Chigorin-Verteidigung entgegenzutreten. Auf dem Damenflügel erspielte Max sich einen Raumvorteil und seine Türme kontrollierten die offene a-Linie, über die sie später auch in die Stellung von Weiß vordringen und beide schwarzen Türme an den rückständigen c-Bauern binden konnten.
Dadurch konnte er seinen König aktiver ins Spiel bringen. Außerdem war zwar das Material gleich, aber Max hatte einen Freibauern, während sein Gegner keinen hatte und diese Vorteile wusste Max geschickt auszunutzen, so dass seinem Gegner im Endeffekt die Verteidigung der verschiedenen Probleme nicht mehr gelang und er zur Aufgabe gezwungen war.
An Brett 5 spielte Augustin das Königsgambit, welches sein Gegner ablehnte. Auch im weiteren Verlauf der Partie versuchte Augustin, ambitioniert zu spielen und Chancen zu kreieren, kam aber an keiner Stelle wirklich voran, was nicht zuletzt an der passiven, aber soliden Aufstellung der schwarzen Figuren lag. Im Endspiel blieben beiden Seiten je zwei Türme und sieben Bauern. Das erste Remisangebot seines Gegners lehnte Augustin noch ab, als er aber auch in den nächsten Zügen keinen Fortschritt zu verzeichnen hatte, nahm er das zweite Remisangebot daraufhin an.
Matthias an Brett 6 spielte die Grünfeld-Verteidigung. Sein Gegner versuchte, sehr aggressiv zu spielen, kam aber gegen die solide Verteidigung von Schwarz nicht durch und stand nach einem gescheiterten Angriff positionell etwas schlechter. Als Matthias kurz darauf eine Taktik übersah, musste er allerdings einen Springer für einen Bauern opfern. Das resultierende Endspiel aus Turm-Springer gegen Turm war natürlich trotzdem noch eine klare Remisstellung, aber der Aschendorfer mit den weißen Figuren versuchte trotzdem noch unnachgiebig (fast 50 Züge lang), irgendwie die Stellung in einen Sieg zu verwandeln. Nachdem Matthias es dann aber schaffte, einen Turmabtausch zu erzwingen, musste auch er sich eingestehen, dass am Ende Remis an Brett 6 auf dem Spielbericht stand.
So haben wir also insgesamt 4:2 in Aschendorf verloren, wobei die drei Spieler aus dem Stammkader NULL Punkte und die drei „Ersatzspieler“ ALLE Punkte holten. Dementsprechend können wir uns wieder einmal nur für die Unterstützung und den Einsatz von Max, Augustin und Matthias bedanken und versprechen: Beim nächsten Mal machen wir es besser!