Am 10.04.2024 haben wir uns im Training wieder mit den Türmen auseinandergesetzt, und wie man sie optimal in der Partie einsetzt. Der Leser kann die Aufgaben gerne als Training nutzen, indem er versucht die beste Fortsetzung für Weiß am Zug zu finden, vor allem daran denkend, wie man die Türme am besten ins Spiel kriegen kann. Ansonsten befinden sich im unteren Bereich des Artikels die Lösungen.
Lösungen:
Aufgabe 1:
In dieser Einstiegsaufgabe gang es darum, dass der eine Turm zwar schon gut auf der a-Linie steht, man aber nicht direkt ohne weiteres auf der a-Linie verdoppeln/vertrippeln kann, doch mit einem sehr starken Blockadezug sorgte Karpov dafür, dass es eben doch möglich wird: 1.La7! Und nun steht Weiß der ganze Raum zum Vertrippeln zur Verfügung, er hat den Kampf über die a-Linie gewonnen. Die Stellung ist geschlossen und Schwarz kann sich nur schwer bewegen, weitere Züge für Weiß spielen sich wie von selbst: Ta3, Lc2, Tea1, T1a2, Dd1 und Da1. Doch in der Stellung gibt es nach 1.La7 noch eine Option, damit Schwarz eben nicht in diese passive Stellung verfällt, bzw. versucht dagegenzuhalten, und zwar mit 1…Dc7! Dieser Zug wurde einmal als eine starke schwarze Verteidigung erwähnt (Schwarz liebäugelt mit Springerabzügen, wonach der Läufer hängen würde), doch hier kann Weiß mit 2.De3! an seinem Vorteil festhalten, jetzt wird es zwar für die Weiße Dame schwierig an der Vertripplung teilzuhaben, dennoch können sich die Türme mühelos auf der a-Linie verdoppeln und nachdem dies geschehen ist, kann Weiß, wie in der Partie auch, einen Angriff am Königsflügel starten (Die Hauptidee in dieser Ruy-Lopez Bauernstruktur), doch eben erst nachdem Weiß Schwarz am Damenflügel festgelegt hat. Die gesamte Partie zwischen Karpv und Unzicker ist sehr interessant, aber nicht unser heutiges Thema, dementsprechend füge ich den Rest der Partie hier kommentarlos ein:
24...Ne8 25. Bc2 Nc7 26. Rea1 Qe7 27. Bb1 Be8
28. Ne2 Nd8 29. Nh2 Bg7 30. f4 f6 31. f5 g5 32. Bc2 Bf7
33. Ng3 Nb7 34. Bd1 h6 35. Bh5 Qe8 36. Qd1 Nd8 37. Ra3 Kf8
38. R1a2 Kg8 39. Ng4 Kf8 40. Ne3 Kg8 41. Bxf7+ Nxf7 42. Qh5
Nd8 43. Qg6 Kf8 44. Nh5 1-0
Aufgabe 2:
Die Weißen Türme stehen hier zwar nicht ganz schlecht, haben aber doch kein wirkliches Angriffsziel, noch stehen sie auf einer offenen Linie, daher ist hier 1.Sd5! sehr stark, was nicht nur irgendwie den Springer verbessert, die Idee ist deutlich tiefer. Sollte Schwarz den Springer stehen lassen, hat Weiß die besseren Leichtfiguren, und steht vorteilhaft, dementsprechend folgte hier 1…Sxd5 2.exd5 Lb7 Und nun hat sich die Struktur entscheidend verändert, Weiß hat nicht nur Raum gewonnen, sondern die e-Linie geöffnet, und darüberhinaus den Türmen ein Angriffsziel auf e7 gegeben.
Aufgabe 3:
Ich habe schon in zahlreichen Partien gesehen, dass Spieler*innen, nachdem sie mit ihren Türmen die offene-/n Linie-/n besetzt haben nicht mehr so recht weiter wussten. Die erste Aufgabe lieferte schon mal ein gutes Beispiel, um den Kampf um die Linie zu gewinnen, diese hier liefert ein weiteres schönes Beispiel, 1.Lg5! ist hier stärker als man vielleicht denkt. Schwarz kann zwar gerne die Türme tauschen, steht im Anschluss daran aber nicht gut da, Weiß hat nun die d-Linie komplett unter seiner Kontrolle, und kann mit Zügen wie Td3, Dd2 und Td7 riesigen Vorteil erlangen. Für die Partie kann man sich sehr gut merken: Desto weniger offene Linien es gibt, desto wichtiger wird die einzelne.
Aufgabe 4:
Das Motiv des Liniengewinnes über die Blockade konnte man hier auch wiederfinden, 1.Lc7! und Schwarz steht eine unangenehme Stellung bevor, es könnte weitergehen mit: 1…Kf7 2.Tc3 Ke7 3.Tfc1 Kf7 (es drohte Ld6+) 4.Ld6 Txc3 5.Txc3 und das Eindringen über c7 ist entscheidend.
Aufgabe 5:
Diese Aufgabe war nicht ganz so einfach, aber wenn man daran denkt, wie wichtig die einzelne Linie sein kann, ist man vielleicht auf die Lösung gekommen: 1.h4! Der einzige (vernünftige) Bauernhebel in der Stellung, und eine sehr wichtige Option, um die Türme ins Spiel zu bekommen. Ein Läufer braucht offene Diagonalen, Türme brauchen offene Linien, für beides gilt: Wenn es nicht vorhanden ist, dann muss man es eben selbst schaffen. Schwarz steht nun vor einer sehr schwierigen Stellung, vermutlich sollte er sich mit h6 und Sf7 aufbauen, was aber letztlich sehr passiv ist, und dann hat Weiß wirklich sehr, sehr viel Zeit, die eigene Stellung zu verbessern: Kg2, Vertripplung auf der h-Linie (am besten mit der Dame hinten), Überführung des Springers an den Königsflügel, Sc3-e2-g3-h5, Lc4 (eventuell, falls Schwarz keine Blockade aufstellt, mit der Idee, den Bauern nach d6 zu schieben (Läufer brauchen eben offenn Diagonalen), was dann wiederum den Springer auf f7 fesselt und aber vor allem den Läufer zum Leben erweckt. Es wurde im Training auch vorgeschlagen 1.Sb5 zu spielen und nach 1…Sxb5 2.Lxb5 Lxb5 3.Dxb5 den d-Bauern nach vorne zu bringen. Keine schlechte Idee, jedoch kann Schwarz dem ein Ende bereiten, und zwar mit 3…Dd6! und der Bauer läuft nirgendwo hin (doch auch hier besteht die Idee, die mit h4 verbunden ist immer noch).