Beim letzten Spiel der laufenden Saison hatten wir es selbst in der Hand, mit einem Unentschieden oder einem Sieg unseren Klassenerhalt zu sichern.
Mit zwei Ersatzleuten und einem guten Gefühl fuhren wir also zum Auswärtsspiel nach Veldhausen, um den entscheidenden letzten Punkt zu holen.
An Brett 1 ging Johann mit gutem Beispiel voran und einigte sich mit seiner Gegnerin auf ein Remis in einem Turm-Dame-Endspiel mit gleicher Bauernanzahl auf beiden Seiten. Erwähnenswert ist hier, dass Johann noch über eine Stunde auf der Uhr hatte, als seine Gegnerin bereits unter einer Minute war, aber seit wir mit 30 Sekunden Inkrement pro Zug spielen, ist so etwas (aus meiner Sicht glücklicherweise) ein kleinerer Faktor als früher.
Als Nächstes wurde Sigrun an Brett 5 fertig, die zunächst einen Springer gewonnen hatte und daraufhin mit ihrem verbliebenen Springer alle Bauern ihres Gegners abräumte. Dieser platzierte daraufhin auch noch seinen König auf dem falschen Feld, so dass Sigrun ihn mit Hilfe des besagten Springers mattsetzen konnte.
Ich selbst hatte mich an Brett 4 in einer wilden Partie wiedergefunden, bei der die nachträgliche Computeranalyse offenlegte, dass beide Seiten zwischenzeitlich klar auf Gewinn gestanden hatten. Zunächst kam ich gefühlt gut aus der Eröffnung (wenngleich die Engine klarstellt, dass ein zentraler Bauernzug für mehr als 6 Züge nacheinander möglich gewesen wäre und meinem Gegner die Initiative und damit die deutlich aktivere und bessere Stellung gegeben hätte).
Meine beiden Läufer waren auf der jeweils langen Diagonale angekommen, während der schwarzfeldrige Läufer meines Gegenübers noch auf der Grundreihe stand und in die eigene Bauernkette schaute. Nachdem die Springer abgetauscht waren, rechnete ich mir durch meinen deutlich besseren Läufer gute Chancen aus.
Leider entschied ich mich im Mittelspiel für einen mangelhaften Plan, der dazu führte, dass meine Königssicherheit fragwürdig war und als ich dann noch selbigen auf ein falsches Feld stellte und so meinem Gegner ermöglichte, durch einen Damenzug die Qualität zu gewinnen, sah es mehr als düster für mich aus.
Der einzige Vorteil, den ich noch hatte, war nach wie vor mein starkes Läuferpaar, aber mit zwei bis drei weiteren genauen Zügen meines Gegners, wäre die Partie vorbei gewesen.
Glücklicherweise gelang es mir, ihn vor Komplikationen zu stellen und eine Drohung meinerseits aufzubauen, was meinen Gegner vor die Entscheidung stellte, seinen König entweder auf h1 hinter zwei Bauern zu stellen und so vermeintlich Grundreihenprobleme zu bekommen oder ihn auf f1 zu platzieren und so eventuell Ziel eines Angriffs mit Dame oder Läufer zu werden. Dass ich meine Läufer nun schon mehrfach erwähnte, weist vielleicht schon darauf hin, dass h1 die richtige Lösung gewesen wäre, woraufhin ich nichts mehr gehabt hätte. Er entschied sich jedoch für das aktiver aussehende Kf1, was jedoch ein fataler Fehler war. Mein Angriff mit beiden Läufern und Dame gegen den weißen König war nun eine echte Gefahr und einige Züge später war die einzige mögliche Verteidigung dagegen, die Qualität zurückzugeben und so das Gleichgewicht wieder herzustellen. Das wollte mein Gegner mit allen Mitteln verhindern, denn auch er war sich sicherlich bewusst, dass er eine Gewinnstellung hergegeben hatte. Dadurch, dass er aber nicht bereit war, das Material zurückzugeben, vernachlässigte er die Koordination seiner Figuren und die Verteidigung gegen meinen Angriff und so ermöglichte er mir, seinen König mit Läufern auf e2 und a6, sowie der Dame auf f4 mattzusetzen.
So stand es also 2,5:0,5 und ein halber Punkt aus den drei noch laufenden Partien würde reichen, den Klassenerhalt zu sichern.
Nikita an Brett 6 sah sich der englischen Eröffnung gegenüber. Diese versuchte er ins abgelehnte Damengambit umzuleiten. Das gelang ihm allerdings nicht und er war gezwungen, zwei Leichtfiguren für einen Turm und einen Bauern herzugeben. Diesen Figurenvorteil gab sein Gegner nicht wieder her und als Nikita ein weiterer Fehler unterlief, verlor er weiteres Material. Im Endspiel versuchte er noch alles, irgendwie etwas herauszuholen, doch es gelang nicht und so war der erste volle Punkt für Veldhausen auf dem Zettel.
An Brett 2 hatte Nikolai es mit der italienischen Eröffnung zu tun, in der er sich zunächst in einer für die Struktur typischen ruhigen Partie Angriffschancen erspielte. Dabei machte er allerdings einen groben, positionellen Fehler, den sein Gegner unbarmherzig bestrafte und den Vorteil nicht wieder aus der Hand gab.
Beim Stand von 2,5:2,5 lag es also an Andreas, der sich zu diesem Zeitpunkt an Brett 3 bereits in der zweiten Zeitkontrolle und einer Position mit einem Bauern weniger befand. Als er sich dann gezwungen sah, alle Figuren abzutauschen, gab es keine Chancen auf ein Remis mehr, da der Mehrbauer für seinen Gegner ein gesicherter Freibauer war, den Andreas‘ König nicht aus den Augen lassen durfte. So konnte der schwarze König in aller Ruhe auf der anderen Brettseite die weißen Bauern schlagen, was nicht mehr zu verhindern war. In Anbetracht dessen gratulierte Andreas seinem Kontrahenten und wir den Veldhausenern zum Klassenerhalt.
Wir hingegen mussten zittern und auf die Ergebnisse der anderen Spiele der Bezirksklasse warten, bevor wir wussten, ob wir auch nächstes Jahr noch dort spielen würden. Glücklicherweise gingen die anderen Matches zu unseren Gunsten aus, so dass der Klassenerhalt gesichert ist und wir nicht in die missliche Lage geraten, gleich drei Mannschaften in derselben Klasse zu haben.
So bleibt mir also nur noch zu sagen: Ende gut, alles gut.