Am Tag der Bundestagswahl stand für unsere Erste die weiteste Fahrt der Saison an, das Auswärtsspiel in Lüneburg. 250 km hin, Schachpleite, 250 km zurück – und das erschwert durch den Brückenabriss bei Wallenhorst und einen Stau, der sich gewaschen hatte. Aber das wussten wir morgens um 08:15 noch nicht. Die Hinfahrt war denn auch das Einzige, das problemlos klappte, pünktlich um 11 h wurden die Uhren angestellt. Bei uns fehlten Lukas und Geert, für die beiden hatten sich Nenad und David bereiterklärt, die spaßbefreite Fahrt nach Lüneburg mitzumachen – dafür euch Zwei herzlichen Dank!
Los ging es mit einem recht schnellen Remis an Brett 1 von Dirk, der aus der Eröffnung nichts herausgeholt hatte. Aber wie er mir später sagte, mit den Stellungen unserer Silberlocken (Achim, Nenad und ich) zufrieden war. Da war aber schon absehbar, dass Edward (Brett 5) mit dem gegnerischen Sizilianer überhaupt nicht zurechtkam und es dort eine bittere Null setzen würde. In Rückstand brachte uns allerdings Nenad an Brett 8: Beide Spieler hatten die Eröffnung kreativ behandelt, aber solche unorthodoxen Stellungen liegen ihm ja. Er stand schließlich deutlich besser, der Gegner hatte wenig Zeit und – auf mal höre ich Matt und daraufhin ein Ach du liebe Sch… Nenad hatte sich einzügig Matt setzen lassen und bei mir tauchten Erinnerungen an einen Mannschaftskampf in den 80er Jahren in der 2. Bundesliga gegen Berlin-Wilmersdorf auf, wo ihm in Gewinnstellung das Gleiche passiert war. Manche unschönen Dinge wiederholen sich im Leben leider. Dann musste auch Edward aufgeben und es stand 0,5:2,5. Und mir schwante Böses, denn außer an meinem Brett (6) war nicht absehbar, wo volle Punkte herkommen sollten.
Es folgte ein Remis von Paul an Brett 2, der alles versuchte, aber schließlich doch ins Remis einwilligen musste. Und als David an Brett 7, dessen Stellung sich mehr und mehr verschlechterte, aufgeben musste, war der Kampf beim Stand von 1:4 schon praktisch entschieden, denn Max (Brett 3) musste im Endspiel mit Turm gegen das Läuferpaar um das Remis kämpfen. Als ich (Brett 6) in deutlich besserer Stellung Mattgespinsten hinterherjagte und erkannte, dass es nur Hirngespinste waren, machte ich, entnervt von meinen Träumereien und dem schon verlorenen Mannschaftskampf, Remis.
Für Ergebniskosmetik sorgten dann Achim an Brett 4, der wieder mal als Letzter am Brett saß und lange und geduldig sein Gegenüber im Endspiel mit unserem einzigen Partiegewinn überwand, und Max, der sein schlechteres Endspiel halten konnte. Endstand also 3:5. Und da wussten wir noch nicht, dass wegen des Brückenabrisses sich unsere Ankunft zu Hause um eine Stunde verzögern und wir das Wahlergebnis im Auto erfahren würden. Ein gebrauchter Tag…
Gerhard Müller